Gestern und heute spielen Trent Reznor und seine Mannen im Wiener Gasometer. Darauf habe ich lange gewartet, mich aber trotzdem in aller Bescheidenheit auf die gestrige Show beschränkt. Als Fan des raffinierten Industrial Rocks der Nine Inch Nails war ich die letzten Tage vor dem Auftritt ganz schön euphorisch. Konnten meine immensen Erwartungen erfüllt werden? Lesen Sie selbst.
Die Vorband war Ladytron aus Liverpool, eine Elektro-Pop-Formation mit zwei Frontfrauen, die ein beachtliches Maß an Erotik versprühten. Die Songs waren okay bis gut, und im Hintergrund lief auf einer Leinwand Dario Argentos Horrorklassiker Suspiria, den ich jetzt definitv endlich mal sehen muss. Ich glaube, der müsste sich sogar auf einer meiner Videokassetten befinden. Mal schauen...
Man mochte übrigens meinen, dass sich Reznors Perfektionismus direkt auf den Ablauf der Show ausgewirkt hat: Einlass pünktlich, Vorband pünktlich, Beginn pünktlich, absolut geradlinige Show, kein Gequatsche zwischen den Songs, pünktliches Ende, keine Zugaben. Echt angenehm.
Was weniger angenehm war, war der doch überraschend hohe Anteil an spätpubertären Gören ("Closer wird mein Hochzeitslied!" - O-Ton. Ohne Scheiss.), aber vielleicht stand ich auch nur zufällig neben einem Rudel dieser Sorte. Naja, aber sobald das Konzert losging, verschwanden derlei Damen aus meiner Position sowieso recht schnell, was daran lag, dass meine Position vorne in der Mitte war und dort, sobald Trent auf die Bühne kam und mit Somewhat Damaged loslegte, naturgemäß die Hölle los war. Nach Last, Sin und March of the Pigs musste ich mir eingestehen, dass auch ich einen Gang runterschalten würde müssen wenn ich den Abend überleben würde wollen. Also ließ ich mich ein Stück zurückfallen und glücklicherweise kam mir auch Trent entgegen, indem er mit Something I Can Never Have für einen kurzen Waffenstillstand sorgte. Es folgte Ruiner, und dann - ich musste zurück nach vorn - Closer.
Der Erstickungtod hatte mittlerweile mehrmals hefig an die Tür geklopft und ich lebte sozusagen von einem Puster aus der Kilmaanlage zum nächsten, aber es folgten mit Burn und Gave Up sowieso Songs, die bei mir keine besonders intensiven Gefühle auslösten. Dann wurde es langsam wieder spannend: Ein kurzer Chill-Out mit Help Me I Am In Hell, dann eine Steigerung mit Eraser und schließlich Wish und The Big Come Down hintereinander, wow. Vor allem letzteres war wie schon auf der Beside You In Time-DVD (YouTube-Clip) ein klares Highlight.
Weiter gings mit der neuen Single Survivalism, Only und Suck. Na gut, wer's mag. Allerdings war es schon ein verdammt intensiver Moment, als Trent gegen Ende von Suck das Mikro ins Publikum warf und das letzte "I am so dirty on the inside" vor dem finalen Refrain von einem Fan singen ließ. Weiter ging es mit The Day The World Went Away, dank Na-Na-Na-Faktor quasi das Hey Jude der Nine Inch Nails. Direkt danach war ich etwas überrascht, weil ein Lied folgte, das ich nicht kannte; inzwischen weiß ich, es handelte sich um Dead Souls, ein Joy Divison-Cover, dass Trent für den Soundtrack von The Crow aufgenommen hatte.
Schließlich ging es in Richtung Finale: Hurt, The Hand That Feeds und zu guter Letzt Head Like A Hole, von dem ich nicht gedacht hätte, dass es dermaßen rocken würde. Fulminanter Abschluss also einer tollen und sehr intensiven Show. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass mir bewusst geworden ist, dass es ganz schön viele an sich beliebte Nine Inch Nails-Songs gibt, die mich nicht besonders umhauen. Was erfüllte und nicht erfüllte Setlist-Wünsche betrifft: Wish und Closer habe ich mir erwartet, über The Big Come Down habe ich mich sehr gefreut. Schön wären noch gewesen: Terrible Lie, Mr Self Destruct, The Becoming, The Great Below... Naja, man kann eben nicht alles haben, und die Show hatte mit 90 Minuten genau die richtige Länge.
So. Und jetzt bin ich erstmal gespannt, wie das neue Album Year Zero wird, das in ein paar Tagen erscheint.
Setlist, Bilder und Videos des Auftritts
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