Dienstag, Oktober 27, 2009

Ddongpari / Breathless (Yang Ik-Joon, 2009)


Mein erster Film auf der diesjährigen Viennale (von der Retrospektive abgesehen) kommt aus Südkorea, einem Land, dem ich seit einiger Zeit so gut wie blind vertraue, wenn es um Filme geht. Und daran ändert sich auch mit Ddongpari nichts.

Es handelt sich um das Regiedebüt von Yang Ik-Joon, der auch produziert, das Drehbuch geschrieben und die Hauptrolle übernommen hat, und ist die Geschichte eines extrem bösartigen und gewalttätigen Geldeintreibers und seiner bizarren Freundschaft zu einem jugendlichen Mädchen. Von der ersten Szene an ist klar, dass der Film in einer brutalen, unmenschlichen Welt spielt, voll mit Menschen, die unter ihren Lebensumständen leiden und den dadurch ständig präsenten Schmerz, Frust und Druck durch Gewalt an anderen ablassen - ein unendlicher Zyklus, der alle Lebensbereiche durchdringt. Passend dazu zeigt die Kamera raue, verwackelte Bilder und Filmmusik wird sehr sparsam eingesetzt, um die seltenen zärtlichen Momenten hervorzuheben.

Trotzdem ist Ddongpari (wörtlich übersetzt bedeutet der Titel übrigens "Dungfliege") eine emotionale, charakterbasierte Geschichte, und tappt dabei in die ein oder andere Klischee- bzw. Konventionsfalle hinein. So kann man sich nach der ersten halben Stunde den restlichen Plot des Films im Groben ausrechnen, und einige Sequenzen wie Rückblenden werden etwas unsubtil und einfallslos umgesetzt. Von diesen paar Stolpersteinen abgesehen kann der Film im Großen und Ganzen jedoch durchgehend mitreißen, vor allem dank der starken Performances und Dialoge, in denen zwischen Fluchtiraden im Maschinengewehrtakt auch immer wieder subtiler Humor durchblitzt.

Donnerstag, September 10, 2009

Requiem For A Dream (Darren Aronofsky, 2000)


Spoiler voraus.

Da wir den September 2009 schreiben und somit bald nicht nur eine Liste der Lieblingsfilme des Jahres, sondern auch des Jahrzehnts ansteht, habe ich begonnen, mir wichtige Filme der "Naughties" vorzunehmen, die ich bis jetzt versäumt hatte. Einer dieser Filme ist Darren Aronofksys Requiem For A Dream, den ich mir vorgestern also zum ersten Mal angesehen habe. Von seinen Nachwirkungen habe ich mich noch immer nicht ganz erholt.

Dass der Film mich doch derartig beeindrucken konnte, ist bemerkenswert angesichts dessen wie viel ich im Vorfeld bereits über ihn wusste. Sogar die berüchtigte Höhepunktsequenz kannte ich bereits aus einer Lehrveranstaltung (der Kontext war sowas wie: "Jep, die Schnittfrequenz in Hollywoodfilmen ist heute höher als vor sechzig Jahren."). Aber die gnadenlose Konsequenz, Radikalität und spürbare Wut und Leidenschaft des Filmemachers hat mir dann doch imponiert.

"In the end it's all nice", sagt die von Ellen Burstyn gespielte Sara Goldfarb in den ersten Minuten, bevor der Titel des Films auf sie niederrummst wie ein tonnenschweres Stahltor. Wie eine schneidge, gut geölte Maschine dreht der Film seine Figuren durch den Fleischwolf, bis jede von ihnen in ihrer persönlichen Hölle gelandet ist. Dann lässt er den Abspann laufen. Keine Erlösung. Are you not entertained?

Von manchen Seiten wurde Aronofsky für seine Inszenierung als zynischer Formalist gebrandmarkt, was in meinen Augen ein Missverständnis ist. Die Inszenierung ist eine hochgradig zynische, ja, aber erst dadurch charakterisiert sie überhaupt die Welt und Gesellschaft, die sie angreift, in all ihrer Brutalität und Falschheit. Natürlich könnte man das als simplifiziert bezeichnen - ich bezeichne es als fokussiert. Die Form ist hier Ausdruck, nicht Blendwerk.

Aber ebenso ist es zu kurz gedacht, Requiem For A Dream als neunzigminütigen "Drugs are bad"-Spot wahrzunehmen, auch wenn er als solcher sicher verdammt gut funktioniert. Im Kern geht es gar nicht um Drogen, diese sind lediglich ein Symptom. Es geht um Versprechungen des schnellen Glücks im Allgemeinen, sei es durch Drogen, durch das Fernsehen, durch Konsum, durch Diäten, durch wirtschaftliche Selbständigmachung. Es geht um eine Gesellschaft, die auf dem Versprechen basiert: "Wenn du diese eine Sache erst einmal getan hast, wird für immer alles anders", und wie auf diese nur der totalen Ausbeutung dienenden Lüge konsequent zu folgen letztendlich in eine Katastrophe führen muss.

Natürlich ist es nicht die originellste oder komplexeste Botschaft. Die verlogenen Mechanismen des "American Dream" zu kritisieren, war vermutlich schon ein ausgelutschtes Thema, als 1978 Hubert Selbys Buchvorlage zu dem Film erschienen ist. Aber wen interessiert schon, was ein Künstler zu sagen hat? Wie er es sagt, darum geht es. Und das "wie" in Aronofskys Requiem For A Dream muss man einfach erlebt haben.

Oh, und Clint Mansells Score? Hammer.

Montag, Juli 13, 2009

Morrissey im Gasometer

Das hätte ich ja auch nicht gedacht, dass ich mal ein Morrissey-Konzert erleben würde, aber letzten Samstag war der Oscar Wilde der Popmusik tatsächlich in Wien, ganz ohne auf einem Festival zweite Geige für Muse oder Wir sind Helden spielen zu müssen. Angeblich wollte er in der Arena nicht auftreten, aufgrund ihrer Vergangenheit als Schlachthof - so gab es dort eben David Byrne zu sehen, während Mozzer den Gasometer bespielte.

Alles an dem Abend war extrem pünktlich, die Vorband Doll & The Kicks begann schon zu spielen, bevor wir überhaupt noch in der Halle waren, und auch Morrissey selbst war schneller auf der Bühne als man "Why pamper life's complexity when the leather runs smooth on the passenger seat?" sagen konnte. Sehr schön war auch das Intro: Statt dass beim Bühnenumbau zwischen Vorband und Hauptact öde Hintergrundmusik vom DJ aufgelegt wurde, gab es Filmausschnitte zu sehen wie eine Pressekonferenz mit Lou Reed oder einen Fernsehauftritt der New York Dolls - ein tolle Einstimmung.

Schließlich fiel der Vorhang und Morrissey eröffnete mit einer rockigen Version von This Charming Man. Ein passender Einstieg, denn der Anteil an Smiths-Songs war erfreulich hoch, wenn auch vielleicht etwas ungleich verteilt - im ersten Drittel war fast jedes zweite Lied ein Smiths-Klassiker, was ein wenig zu einem "Pulver zu früh verschossen"-Effekt führte. Das letzte Drittel war für mich eine leichte Durststrecke, und die Zugabe First Of The Gang To Die konnte nach den Hämmern vom Anfang dann auch niemanden mehr vom Hocker reißen.

Die komplette Setlist:

* This Charming Man
* I Just Want to See the Boy Happy
* Black Cloud
* How Soon Is Now
* Irish Blood English Heart

* Ask
* I'm Throwing My Arms Around Paris
* Girfriend In A Coma
* When I Last Spoke To Carol
* Why Don't You Find Out For Yourself
* Some Girls Are Bigger Than Others
* Let Me Kiss You
* One Day Goodbye Will Be Farewell
* Life Is A Pigsty
* The World is Full of Crushing Bores
* Sorry Doesn't Help
* Please Please Please Let Me Get What I Want
* The Loop
* I'm O.K. By Myself
* (Zugabe) First Of The Gang To Die

Die Strecke How Soon Is Now - Irish Blood English Heart - Ask darf wohl zumindest für mich als eindeutiger Höhepunkt bezeichnet werden, besser wurde es dann einfach nicht mehr.

Ein wirklich schöner Moment war, als Morrissey von einem weiblichen Fan eine alte Vinyl-Single in die Hand gedrückt bekam. Es handelte sich um eine wirkliche Obskurität: ein portugiesischer Druck von Pomme Pomme Pomme von Monique Melsen - das Lied Luxemburgs für den Eurovision Song Contest 1971 und Morrisseys Lieblingssong. Da war er sichtlich beeindruckt und gerührt.

Ingesamt hat man zwar gemerkt, dass Morrissey vom Touren ziemlich erschöpft ist, eine gute Show hat er dennoch geboten. Am Ende meinte er nur noch "Thank you for your patience... We've been throught 58 countries in two weeks. I'm just glad I made it through the night without any reference to that horrible song by Ultravox." Jep, das ist mal Lokalbezug mit Stil.

Donnerstag, Mai 21, 2009

Banshun / Später Frühling (Ozu Yasujiro, 1949)


In den 108 Minuten von Banshun passiert auf der puren Plotebene so gut wie nichts: Eine 27-jährige Frau lebt mit ihrem Vater zusammen. Ihr Vater und ihre Tante drängen sie zu heiraten. Sie heiratet. That's it. Keine Verwicklungen, keine Missverständnisse, keine Nebenstränge. Abgesehen von vielleicht einem Detail, aber das möchte ich hier nicht vorwegnehmen.

Nach Tokyo Monogatari (Die Reise nach Tokio) ist Banshun der zweite Film vom neben Kurosawa vielleicht größten japanischen Regisseur Ozu, den ich gesehen habe. Und ich merke bereits, seine Filme haben einen ganz eigentümlichen Rhythmus und eine Art des Erzählens, wie sie mir bisher in der Form eigentlich so gut wie noch nie untergekommen ist. Sehr gewöhnungsbedürftig, weil extrem langsam, zurückhaltend und subtil, aber auch durchaus lohnend und auf eine Art befreiend.

Es war die Schlussszene dieses Films, die mich endgültig von Ozu überzeugt hat. Eine der brilliantesten, schönsten und bewegendsten Schlussszenen, die ich je in einem Film gesehen habe. Und auch hier kann ich erzählen, was darin passiert, ohne irgendetwas zu ruinieren: Ein Mann schält einen Apfel. Und es ist großes Kino.

Ich war mir zum Schluss nicht ganz sicher, ob Ozu den im Film gezeigten Prozess verurteilt oder ihn als zwar schmerzhaft aber notwedig verteidigt. Jedenfalls sähe der Film wohl anders aus, wenn Mizoguchi ihn inszeniert hätte, der immer wieder sehr deutlich die Rolle der Frau in der japanischen Gesellschaft kritisiert hat. Vielleicht kann man Ozu auch einfach nicht auf diese Weise interpretieren, sondern muss etwas tiefer in der japanischen Mentalität graben - immerhin wird Ozu immer wieder als "japanischster aller Filmemacher" bezeichnet. Es gibt da beispielsweise den Begriff mono no aware, der oft mit ihm in Zusammenhang gebracht wird und eine Art ruhiges, melancholisches Bewusstsein der Vergänglichkeit der Dinge beschreibt. Damit kommt man der Sache wohl schon näher.

Dienstag, Mai 12, 2009

Synecdoche, New York (Charlie Kaufman, 2008)


Charlie Kaufman ist mit seinen ungewöhnlichen Drehbüchern (Being John Malkovich, Adaptation, Eternal Sunshine of the Spotless Mind) seit Jahren eine feste Größe im amerikanischen Film. Mit Synecdoche, New York hat er nun nicht nur sein neuestes Skript, sondern auch gleichzeitig sein Regiedebüt vorgelegt.

Das Ergebnis ist wie von Kaufman gewohnt ein Labyrinth aus mehreren Realitätsebenen und beschäftigt sich dabei mit Themen wie Kunst, Beziehungen und dem Älterwerden. Im Mittelpunkt steht der Theaterregisseur Caden Cotard, gespielt von Philip Seymour Hoffman, der nach dem Gewinn eines hoch dotierten Preises ein monumentales Stück inszenieren will und dazu über Jahrzehnte hinweg einen ganzen New Yorker Stadtteil in einer riesigen Lagerhalle originalgetreu nachbauen lässt.

Beim Ansehen des Films habe ich allerdings etwas bemerkt, was ich für mich persönlich mal "Woody Allen-Syndrom" nennen möchte, nämlich dass mir bestimmte Kaufman-ismen beginnnen, auf die Nerven zu gehen, weil sie einfach in jedem Film wieder auftauchen: Alle Figuren sind depressiv, erbärmlich und hassen sich gegenseitig, alle Beziehungen müssen scheitern, alle rauchen ständig Marihuana und haben schlechten Sex. Und es war noch nie so ausufernd und ermüdend wie hier. Ich glaube deshalb mag ich Eternal Sunshine of the Spotless Mind so gern: Michael Gondrys lebensfroher und kindlich-verspielter Optimismus war einfach ein perfektes Gegengewicht zu Kaufman. Jetzt führt Kaufman jedoch selbst Regie; John Malkovich betritt also seinen eigenen Kopf, und das Ergebnis davon kennen wir ja.

Trotzdem: Synecdoche, New York ist ein äußerst faszinierender, vielschichtiger und lohnender Film. Denn bei aller Kritik - dass Kaufman ein kreatives Genie ist, kann ich nicht wirklich abstreiten.

In Österreich kommt der Film übrigens nicht einmal regulär ins Kino. Aber es gibt zwei Vorstellungen im Wiener Filmmuseum, eine davon in Anwesenheit von Philip Seymour Hoffman.

Freitag, Mai 08, 2009

Misseu Hongdangmu / Crush and Blush / Miss Carrot (Lee Kyoung-mi, 2008)


Aus irgendeinem Grund sind mir so richtig durchgeknallte, exzentrische Frauen, die ihre Fehler und Schwächen gar nicht zu verstecken suchen, sondern geradezu neurotisch zelebrieren, furchtbar sympathisch. Deshalb ist wohl auch Ally McBeal meine All-Time-Lieblingsserie.

In dem koreanischen Film Miss Hongdangmu bekommen wir es mit einem Prachtexemplar dieser Gattung zu tun: Yang Mi-sook (Kong Hyo-jin) ist die unbeliebteste Lehrerin der Schule; sie ist nervös und hysterisch, errötet bei jeder Kleinigkeit und ist seit Jahren in ihren früheren Lehrer und mittlerweile Kollegen verliebt, der verheiratet ist. Als dieser sich an einer anderen, jungen Lehrerin interessiert zeigt, schließt Mi-sook, um dagegen vorzugehen, eine Allianz mit seiner Tochter Jong-hee - der unbeliebtesten Schülerin der Schule. Aus dieser Zweckgemeinschaft entwickelt sich bald eine Freundschaft - complications ensue.

Diese Art von Film steht und fällt natürlich mit der Hauptdarstellerin, und Kong liefert hier eine wirklich großartige Performance ab. Aber auch die Nebendasteller wissen zu begeistern; mir persönlich hat vor allem Lee Jong-hyeok als das männliche Objekt der Begierde gefallen - seine apathische, resignative Mimik im Zusammenspiel mit Mi-sooks extrovertiert-hysterischer Art sorgt immer wieder für herrliche Szenen.

Gegen Ende fällt der Misseu Hongdangmu leider ein bisschen in sich zusammen. Das Finale ist einfach too much und zieht sich ewig hin. Hier hätte man straffen und kürzen müssen. Trotzdem: Insgesamt bleibt der Film ein amüsantes, sympathisches und erfrischendes Erlebnis. Und wer noch nicht ganz überzeugt ist: Als Produzent und Co-Autor diente niemand anderer als Park Chan-wook, Regisseur von OldBoy und I'm A Cyborg, But That's Okay.

Hier noch ein sehr schöner Trailer.

Samstag, März 07, 2009

Watchmen


Ein paar Klarstellungen vorweg: Ich habe Watchmen gelesen; es ist allerdings schon wieder eine Weile her. Ich halte es für beeindruckend vielschichtig und habe Respekt davor, was es für das Medium Comics geleistet hat, würde mich aber nicht unbedingt als klassischen "Fan" bezeichnen. Eine Verfilmung des Werks halte ich grundsätzlich für ziemlich sinnlos, bin aber auch der Ansicht, dass Leute, die - in welchem Kontext auch immer - das Wort "unverfilmbar" verwenden, entweder das Medium Film unterschätzen oder eine zu enge Vorstellung vom Konzept des Adaptierens haben.

Watchmen allerdings ist genau das geworden, was man sich ausrechnen konnte, als Zack Snyder (300) als Regisseur bekanntgegeben und spätestens als der erste Trailer gezeigt wurde. Ein stylischer, unterhaltsamer Actionfilm, der sich den relativ gesehen uninteressantesten Aspekt des Buches hernimmt - den Plot - und ihn in die typische Blockbuster-Massenware einordnet. Das Ergebnis ist immer noch interessanter als viele andere Filme dieser Art, das ist aber zu hundert Prozent dem Ausgangsmaterial zu verdanken. Snyder fügt dem Film - ganz bewusst sogar - nichts hinzu außer ein paar Actionsequenzen mit reichlich Speedramping und Gore. Die Ecken und Kanten der Story wurden etwas geglättet, so wurde etwa Rorschach vom paranoiden Spinner zum neuen Idol für männliche Teenager gemacht. Dass es im Buch auch um die Hinterfragung von Gewalt, Selbstjustiz und Männlichkeitsphantasien geht, kommt jemandem wie Snyder natürlich nicht einmal in den Sinn (oder es ist ihm egal, weil er sein Zielpublikum kennt) - Oberflächenfetischismus statt Reflexion ist angesagt.

Snyder ist ein technisch begabter Durchschnittsregisseur ohne künstlerisches Talent, der exakt denselben massenwirksamen Inszenierungsstil, den er bei 300 verwendet hat, jetzt in Watchmen einsetzt, und sich bei allem, was über seinen intellektuellen Horizont hinausgeht, in seiner Ratlosigkeit einfach sklavisch an die Vorlage hält. Der Unterschied ist nur, dass 300 bereits als Buch ein stumpfsinniger, harmloser Spaß war. Aber Snyder würde wohl auch Art Spiegelmans Maus als ästhetisierte "badass"/"kickass"/"awesome"-Zeitlupen-Action verfilmen. Er kann (oder will) einfach nichts anderes, und es ist offensichtlich auch nicht nötig. Die "Fans" sind ja zufrieden.

Donnerstag, Jänner 15, 2009

Zuletzt gesehen

Da das Ende des Jahres vorbei ist und ich nicht mehr unter dem Druck stehe, möglichst viele aktuelle Filme für meine Jahresendliste sehen zu müssen, kann ich mich jetzt wieder freestyle durch die Filmgeschichte bewegen. Naja, zumindest noch eine Woche lang, bis die Oscar-Nominierungen bekanntgegeben werden.

Weiter als bis in die Achtziger bin ich zwar derweil nicht zurückgegangen, aber ich habe nichtsdestotrotz einige Lücken gefüllt, vor allem im Anime-Bereich, doch dazu ein ander Mal mehr.

Hier erstmal ein paar Gedanken zu den Filmen, die ich in den letzten Tage gesehen habe.

Crash (David Cronenberg, 1996)

Das ist ein großartiger Film, um Leute zu entlarven, sowohl was ihre Ideologie als auch ihre Ästhetik betrifft. Ein richtiggehender Lackmus-Test. Ich meine, es gibt tatsächlich Leute, die defensiv mit den Händen wacheln und mir weißmachen wollen, die hier dargestellten Obsessionen wären völlig abwegige Hirngespinste und hätten nichts, aber auch gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Im Ernst? Es ist unmöglich, eine Verbindung zwischen Sexualität, Autos und Selbstzerstörung zu finden? Bitte... Jeweils zwei davon miteinander zu verbinden bedarf ja wohl keiner großen Fantasie; alles, was dieser Film macht, ist, die dritte Ebene miteinzubeziehen. Es ist amüsant zu beobachten, wieviel Angst manchen Menschen dieser Film offenbar macht.

Weiters kann man an denen, die sich über die "fehlende Handlung" und eine "bloße Aneinanderreihung von Sexszenen" beklagen, schnell erkennen, dass sie keine Ahnung von Film haben. Praktisch!

South Park: Imaginationland (aka Kyle Sucks Cartman's Balls) (Trey Parker, 2008)

Hierbei handelt es sich um einen Dreiteiler aus South Park-Episoden, der neu geschnitten als 67-minütiger Film auf DVD veröffentlicht wurde. Darin besuchen Stan, Kyle und Butters das mysteriöse Imaginationland, in dem all die fiktiven Figuren leben, die sich die Menschheit im Laufe ihrer Geschichte ausgedacht hat, vom Weihnachtsmann bis zu den Schlümpfen. Eine Krise bricht aus, als Imaginationland von muslimischen Terroristen angegriffen und Butters als Geistel genommen wird. Nicht unbedingt South Park as its best, aber unterhaltsam. Am witzigsten ist wahrscheinlich der zweite Handlungsstrang, in dem Cartman davon besessen ist, dass Kyle an seinen Hoden lutscht, nachdem dieser eine Wette gegen ihn verloren hat.

Tetsuo II: Body Hammer (Shinya Tsukamoto, 1992)

Der erste Tetsuo hat mich extrem beeindruckt. Der Nachfolger ist im direkten Vergleich dazu etwas enttäuschend, wenngleich immer noch interessant. Wieder mutiert ein Mann zu einer Maschine, diesmal ist das ganze jedoch in eine vergleichsweise konventionell anmutende Handlung verpackt. Ganz und gar nicht konventionell ist nach wie vor die Inszenierung dieser Handlung. Allerdings habe ich das Gefühl, dass die wilden Schnitte und Fahrten, die extremen Winkel und die Licht- und Farbspielereien dieser hier eher im Weg sind als ihr zu nutzen.

Max Payne and the Funky Bunch (John Moore, 2008)

Was für eine bescheuerte Idee, Max Payne zu verfilmen. Quasi das Pendant zu Street Fighter: The Movie: The Game - nur umgekehrt. Der Witz an den Spielen war ja gerade, dass man all die großartigen Action-Szenen aus den John Woo-Filmen endlich selber spielen konnte.

Aber natürlich war es mehr als das: Ein großartiges Skript, das sämtliche hard boiled fiction-Klischees parodierte ("The rain was comin' down like all the angels in heaven decided to take a piss at the same time."). Ein Ensemble an unvergesslichen Figuren ("Have no fear, Vlad is here!"). Und vor allem das surreale, selbstreferentielle Spiel mit mehreren Realitätsebenen, gerade in Teil 2.

All das hat man im Film bis zur Unkenntlichkeit heruntergedummt oder gleich ganz weggelassen. Übrig bleibt eine altbackene und vorhersehbare Story um einen rachedürstigen Cop, der die Mörder seiner Familie sucht und dabei auf ein vertuschtes missglücktes Experiment der Regierung stößt. Never seen that before!

Und bitte, lasst mich gar nicht erst anfangen, über das Casting zu reden.

Days of Being Wild (Wong Kar-Wai, 1990)

Ich liebe Wong Kar-Wais Filme, die meisten jedenfalls. Auch Days of Being Wild, sein zweites Werk nach As Tears Go By, verfügt bereits über beinahe alle klassischen Wong Kar-Wai-Qualitäten; kaum jemand kann das Elegische, Unfassbare, Flüchtige, Romantisch-Melancholische so stimmungsvoll filmisch ausdrücken wie er.

Was das Visuelle betrifft, tue ich mir schwer. Meine DVD-Version war extrem blass; zuerst habe ich das dem Film selbst zugeschrieben, aber etwas Internet-Recherche hat ergeben, dass die verschiedenen DVD/Blu-Ray-Ausgaben sich in Sachen Helligkeit und Farbgebung teilweise stark voneinander unterscheiden, und das meine Version mit ziemlicher Sicherheit zu stark aufgehellt war. Trotzdem kann ich sagen, dass Days of Being Wild insgesamt visuell doch deutlich spröder ist als spätere Arbeiten Wongs.

Insgesamt landet dieser Film wohl im Mittelfeld meiner Wong Kar-Wai-Liste; mein Liebling ist und bleibt das "Sequel" In The Mood For Love.