Donnerstag, Mai 21, 2009

Banshun / Später Frühling (Ozu Yasujiro, 1949)


In den 108 Minuten von Banshun passiert auf der puren Plotebene so gut wie nichts: Eine 27-jährige Frau lebt mit ihrem Vater zusammen. Ihr Vater und ihre Tante drängen sie zu heiraten. Sie heiratet. That's it. Keine Verwicklungen, keine Missverständnisse, keine Nebenstränge. Abgesehen von vielleicht einem Detail, aber das möchte ich hier nicht vorwegnehmen.

Nach Tokyo Monogatari (Die Reise nach Tokio) ist Banshun der zweite Film vom neben Kurosawa vielleicht größten japanischen Regisseur Ozu, den ich gesehen habe. Und ich merke bereits, seine Filme haben einen ganz eigentümlichen Rhythmus und eine Art des Erzählens, wie sie mir bisher in der Form eigentlich so gut wie noch nie untergekommen ist. Sehr gewöhnungsbedürftig, weil extrem langsam, zurückhaltend und subtil, aber auch durchaus lohnend und auf eine Art befreiend.

Es war die Schlussszene dieses Films, die mich endgültig von Ozu überzeugt hat. Eine der brilliantesten, schönsten und bewegendsten Schlussszenen, die ich je in einem Film gesehen habe. Und auch hier kann ich erzählen, was darin passiert, ohne irgendetwas zu ruinieren: Ein Mann schält einen Apfel. Und es ist großes Kino.

Ich war mir zum Schluss nicht ganz sicher, ob Ozu den im Film gezeigten Prozess verurteilt oder ihn als zwar schmerzhaft aber notwedig verteidigt. Jedenfalls sähe der Film wohl anders aus, wenn Mizoguchi ihn inszeniert hätte, der immer wieder sehr deutlich die Rolle der Frau in der japanischen Gesellschaft kritisiert hat. Vielleicht kann man Ozu auch einfach nicht auf diese Weise interpretieren, sondern muss etwas tiefer in der japanischen Mentalität graben - immerhin wird Ozu immer wieder als "japanischster aller Filmemacher" bezeichnet. Es gibt da beispielsweise den Begriff mono no aware, der oft mit ihm in Zusammenhang gebracht wird und eine Art ruhiges, melancholisches Bewusstsein der Vergänglichkeit der Dinge beschreibt. Damit kommt man der Sache wohl schon näher.

Dienstag, Mai 12, 2009

Synecdoche, New York (Charlie Kaufman, 2008)


Charlie Kaufman ist mit seinen ungewöhnlichen Drehbüchern (Being John Malkovich, Adaptation, Eternal Sunshine of the Spotless Mind) seit Jahren eine feste Größe im amerikanischen Film. Mit Synecdoche, New York hat er nun nicht nur sein neuestes Skript, sondern auch gleichzeitig sein Regiedebüt vorgelegt.

Das Ergebnis ist wie von Kaufman gewohnt ein Labyrinth aus mehreren Realitätsebenen und beschäftigt sich dabei mit Themen wie Kunst, Beziehungen und dem Älterwerden. Im Mittelpunkt steht der Theaterregisseur Caden Cotard, gespielt von Philip Seymour Hoffman, der nach dem Gewinn eines hoch dotierten Preises ein monumentales Stück inszenieren will und dazu über Jahrzehnte hinweg einen ganzen New Yorker Stadtteil in einer riesigen Lagerhalle originalgetreu nachbauen lässt.

Beim Ansehen des Films habe ich allerdings etwas bemerkt, was ich für mich persönlich mal "Woody Allen-Syndrom" nennen möchte, nämlich dass mir bestimmte Kaufman-ismen beginnnen, auf die Nerven zu gehen, weil sie einfach in jedem Film wieder auftauchen: Alle Figuren sind depressiv, erbärmlich und hassen sich gegenseitig, alle Beziehungen müssen scheitern, alle rauchen ständig Marihuana und haben schlechten Sex. Und es war noch nie so ausufernd und ermüdend wie hier. Ich glaube deshalb mag ich Eternal Sunshine of the Spotless Mind so gern: Michael Gondrys lebensfroher und kindlich-verspielter Optimismus war einfach ein perfektes Gegengewicht zu Kaufman. Jetzt führt Kaufman jedoch selbst Regie; John Malkovich betritt also seinen eigenen Kopf, und das Ergebnis davon kennen wir ja.

Trotzdem: Synecdoche, New York ist ein äußerst faszinierender, vielschichtiger und lohnender Film. Denn bei aller Kritik - dass Kaufman ein kreatives Genie ist, kann ich nicht wirklich abstreiten.

In Österreich kommt der Film übrigens nicht einmal regulär ins Kino. Aber es gibt zwei Vorstellungen im Wiener Filmmuseum, eine davon in Anwesenheit von Philip Seymour Hoffman.

Freitag, Mai 08, 2009

Misseu Hongdangmu / Crush and Blush / Miss Carrot (Lee Kyoung-mi, 2008)


Aus irgendeinem Grund sind mir so richtig durchgeknallte, exzentrische Frauen, die ihre Fehler und Schwächen gar nicht zu verstecken suchen, sondern geradezu neurotisch zelebrieren, furchtbar sympathisch. Deshalb ist wohl auch Ally McBeal meine All-Time-Lieblingsserie.

In dem koreanischen Film Miss Hongdangmu bekommen wir es mit einem Prachtexemplar dieser Gattung zu tun: Yang Mi-sook (Kong Hyo-jin) ist die unbeliebteste Lehrerin der Schule; sie ist nervös und hysterisch, errötet bei jeder Kleinigkeit und ist seit Jahren in ihren früheren Lehrer und mittlerweile Kollegen verliebt, der verheiratet ist. Als dieser sich an einer anderen, jungen Lehrerin interessiert zeigt, schließt Mi-sook, um dagegen vorzugehen, eine Allianz mit seiner Tochter Jong-hee - der unbeliebtesten Schülerin der Schule. Aus dieser Zweckgemeinschaft entwickelt sich bald eine Freundschaft - complications ensue.

Diese Art von Film steht und fällt natürlich mit der Hauptdarstellerin, und Kong liefert hier eine wirklich großartige Performance ab. Aber auch die Nebendasteller wissen zu begeistern; mir persönlich hat vor allem Lee Jong-hyeok als das männliche Objekt der Begierde gefallen - seine apathische, resignative Mimik im Zusammenspiel mit Mi-sooks extrovertiert-hysterischer Art sorgt immer wieder für herrliche Szenen.

Gegen Ende fällt der Misseu Hongdangmu leider ein bisschen in sich zusammen. Das Finale ist einfach too much und zieht sich ewig hin. Hier hätte man straffen und kürzen müssen. Trotzdem: Insgesamt bleibt der Film ein amüsantes, sympathisches und erfrischendes Erlebnis. Und wer noch nicht ganz überzeugt ist: Als Produzent und Co-Autor diente niemand anderer als Park Chan-wook, Regisseur von OldBoy und I'm A Cyborg, But That's Okay.

Hier noch ein sehr schöner Trailer.