Montag, Februar 25, 2008

Academy Awards 2008


Zum zweiten Mal habe ich mir gestern die Oscar-Nacht live gegeben und wieder habe ich es sehr genossen. Manche Leute scheinen die Nacht ja nur durchzumachen um ihre widerlichen Stänkereien rausposaunen zu können; ich hatte Spaß.

Bin zwischen ORF und Pro Sieben hin- und hergependelt, aber die meiste Zeit auf dem ORF geblieben, weil die Tonqualität dort deutlich besser war. Außerdem bekam man während der Werbeblöcke statt der immergleichen Trailer die Kommentare von Eugen Freund und Alexander Horwath geliefert, ersterer US-Korrespondent des Senders, vorwiegend Blödsinn labernd, und letzterer der von mir hochgeschätzte Direktor des Wiener Filmmuseums, dem zuzuhören wie immer eine Freude war.

Alle scheinen sich darüber aufzuregen, wie wenig politisch Jon Stewart war. Als ob das hier Augusto Boal wäre und nicht die verdammten Oscars. Und so schlecht fand ich z.B. folgenden Witz gar nicht:

"Not all films did as well as Juno obviously. The films that were made about the Iraq war, let's face it, did not do as well. But I'm telling you, if we stay the course and keep these movies in the theatres we can turn this around! I don't care if it takes 100 years! Withdrawing the Iraq movies would only embolden the audience! We cannot let the audience win!"

Die Coolness-Preise des Abends gehen wie immer an George Clooney, der sich dreimal verhaspeln kann und trotzdem noch charismatisch und souverän wirkt, und den Oberexzentriker Jack Nicholson, der einfach eine Oscar-Institution ist. Von diesen Herren kann Hosenscheißer John Travolta noch einiges lernen.

Ein Wort zu Dankesreden: Auf der einen Seite hasse ich es, wie taktlos diese nach kurzer Zeit abgewürgt werden. Man lässt der Show insgesamt so wenig Raum zum Atmen, dass kaum noch große Momente entstehen können, wie man sie in den abermillionen Montagen sieht. Andererseits nerven mich aber auch die Preisträger, die trotzdem glauben, zwanzig verschiedenen Leuten danken zu müssen. Ist doch sowieso unmöglich, allen zu danken, die es verdient hätten; man enttäuscht dann nur die, die man nicht erwähnt, und langweilt das Publikum. Deswegen freue ich mich immer über Leute wie Glen Hansard oder Tilda Swinton, die das offenbar verstehen.

Swintons Oscar für die beste weibliche Nebenrolle in Michael Clayton war ja überhaupt die Überraschung des Abends; ich glaube, ich habe niemanden von den Nominierten in dieser Kategorie seltener als Favoriten oder Tipp gehört. Überhaupt keine Überraschung waren die Beste männliche Nebenrolle für Javier Bardem und die Beste männliche Hauptrolle für Daniel Day-Lewis. Aber was Day-Lewis betrifft, wäre alles andere ja auch ein Witz gewesen. Nicht weil die Konkurrenz nicht hervorragend gewesen wäre, sondern weil Daniel Plainview einfach eine Kreation für die Ewigkeit ist.

Etwas enttäuscht war ich dann doch, dass No Country For Old Men There Will Be Blood sowohl Regie als auch Film weggeschnappt hat, was aber nur für das gute Jahr spricht, denn verdient haben es die Coens voll und ganz. There Will Be Blood hätte es halt vielleicht noch ein klitzekleines Bisschen mehr verdient. Immerhin wurde die großartige Kameraführung Robert Elswits ausgezeichnet. Der Skript-Oscar für Juno war vorauszusehen. Hier kommt es halt darauf an, welche Philosophie man betreffend der Kunst des Drehbuchschreibens hat.

Was den Auslands-Oscar betrifft: Ich freue mich für Stefan Ruzowitzky, der mit Die Fälscher einen zweifellos sehr guten Film abgeliefert hat, und hoffe jetzt mal auch einfach so naiv wie alle anderen auch, dass sich das auf die österreichische Filmlandschaft und -förderungspolitik auswirkt. Wenn ich aber noch einmal den lustigen Satz "Wir sind Oscar" lese oder höre, drehe ich durch. Wenn man nicht einmal die geistige Kapazität besitzt, eine BILD-Schlagzeile grammatikalisch zu erfassen, dann sollte man sich lieber gleich selbst richten.

Donnerstag, Februar 21, 2008

Academy Awards 2008: "Best Picture" Nominees Recap


Dieses Jahr habe ich für die Oscars vorgesorgt und mir vorab einen Haufen nominierter Filme angesehen, darunter sämtliche Best Picture-Kandidaten, auf die ich im Folgenden einen kurzen Blick werfen möchte. Über andere Kategorien kann ich nicht allzuviel sagen, weil ich in so gut wie allen Fällen nicht alle Nominierten gesehen habe. Das einzige, was ich noch mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich richtig böse werde, wenn Falling Slowly aus Once nicht zum besten Song ernannt wird. Gehen wir es also an.

Atonement


Pride and Prejudice von Joe Wright war ein gelungene Literaturverfilmung, viel mehr aber auch nicht. Jetzt hat der britische Regisseur abermals einen Roman verfilmt, Keira Knightley spielt wieder eine Hauptrolle und auch sonst sieht der Film seinem Vorgänger auf den ersten Blick recht ähnlich, aber eben nur auf den allerersten Blick. Die Einsätze sind diesmal weit höher. Über die Geschichte will ich nicht viel sagen, die ist immerhin der Vorlage zuzuschreiben. Das, was Atonement zu mehr macht als einem 08/15-Hollywood-Kostümmelodram sind die interessanten filmsprachlichen Akzente des Regisseurs. Wie er bestimmte Ereignisse aus mehreren Perspektiven erzählt, wie er den Komponisten Dario Marianelli für den Score virtuos diegetische und nicht-diegetische Elemente miteinander verweben lässt, oder wie er im Zentrum des Films eine der spektakulärsten Tracking-Shot-Plansequenzen seit GoodFellas inszeniert.

Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass mir Atonement streckenweise eine Spur zu dick aufgetragen hat, zu melodramatisch und unsubtil war. Zusätzlich tue ich mir ein bisschen schwer mit der Glaubwürdigkeit des von James McAvoy und Keira Knightley dargestellten Liebespaars. Atonement ist ein sehenswerter Film, aber für den diesjährigen Oscar wird es vor allem angesichts der Konkurrenz nicht reichen. Eine Prämierung für Kostümdesign (Keira Knightleys grünes Kleid!), Art Direction und vor allem für den interessanten Score seien ihm aber gegönnt.

Juno


Mit Juno habe ich so meine Probleme. Da wäre schon einmal die Prämisse. Eine ungewollte Teenie-Schwangerschaft. Ich mag naiv oder weltfremd sein, aber ich habe noch nie verstanden, wie ungeplante Schwangerschaften heutzutage funktionieren, sofern die Betroffenen nicht extreme Pechvögel oder extreme Idioten sind. Seit ich schätzungsweise acht bin, kann ich sämtliche existierende Verhütungsmöglichkeiten alphabetisch im Schlaf aufzählen, so früh und massiv werden junge Leute heutzutage aufgeklärt. Und gerade eine Figur wie Juno, die uns als übermäßig schlaues und selbständiges Mädchen präsentiert wird, hat einfach so ungeschützten Sex? Aber wir sehen ja in Filmen auch ständig Erwachsene, die schwanger werden und davon überrascht sind. Anscheinend habe ich da irgendwas nicht mitbekommen. Vielleicht kann mich ja noch wer darüber aufklären.

Abgesehen davon ist sowieso auch der ganze Rest des Films äußerst unglaubwürdig, obwohl Drehbuchautorin Diablo Cody angeblich aus eigenen Erfahrungen schöpft. Aber sobald man sich in diese seltsame Welt eingelebt hat, kann man den Film, seine sehr guten Darsteller und sein vor charmant-witzigen Dialogen strotzendes Drehbuch eigentlich genießen. Ein bisschen störend ist nur der etwas abgeschmackte "Indie-Chic", auf dem es sich die Inszenierung gemütlich macht.

Wow, diese Rezension wurde negativer als ich dachte. Eigentlich mag ich Juno. Trotzdem - nicht mein Favorit. Den Leading Actress-Preis hätte Ellen Page allerdings durchaus verdient.

Michael Clayton


Das Regiedebüt von Drehbuchautor Tony Gilroy ist ein Anwaltsthriller in der Tradition Sidney Lumets. Ich habe mich glänzend unterhalten und den eleganten Hochglanzstil sehr genossen, auch wenn er manchmal zugegebenermaßen ein bisschen wie Autowerbung aussah. Ich mag intelligente Thriller, in denen die Schlachten nicht mit Kugeln, sondern mit Worten stattfinden. Und ich mag auch George Clooney, der hier eine gute, aber nicht unbedingt oscarwürdige Leistung bringt. Nominiert sind auch Tom Wilkinson, der hier im Grunde Howard Beale spielt, und Tilda Swinton. Am ehesten würde ich allerdings den Drehbuch-Oscar vergeben. Film und Regie? Dafür wird es wohl nicht reichen.

No Country For Old Men


So, jetzt wird es spannend, denn im Grunde steht es außer Frage, dass der Gewinner entweder dieser hier oder There Will Be Blood sein wird (allerhöchstens noch Juno, wenn die Academy beschließt, mal so richtig crazy zu sein). Und genau wie There Will Be Blood muss ich diesen Film, glaube ich, einfach noch einmal sehen, um ihn richtig beurteilen zu können. Was ich jetzt schon sagen kann, ist, dass die Coens wieder einmal extrem virtuos und vielleicht so radikal wie noch nie mit Erwartungen und Genre-Konventionen spielen, dass es eine Freude ist, und dass sie einige der brilliantesten Suspense-Sequenzen vorlegen, die ich je gesehen habe. Javier Bardem ist haushoher Favorit für den Nebenrollen-Oscar mit seiner Darstellung des Coen-Terminators Anton Chigurh, und auch sonst sieht es sehr gut aus für die Brüder. Wenn ich persönlich mich entscheiden müsste, wer den Oscar für den besten Film erhalten soll, würde mich aber ein nicht ganz eindeutiges, aber dennoch vorhandenes Bauchgefühl zum nächsten und letzten Kandidaten ziehen, zu...

There Will Be Blood


Und ich könnte nicht einmal genau sagen, warum. Denn auch diesen Film muss ich eigentlich ein zweites Mal sehen, weil er einfach meine Erwartungen gebrochen hat. Was ich mir erwartet hatte, war ein klassisches amerikanisches Aufstieg-und-Fall-Epos, und auf eine Weise habe ich das auch bekommen. Aber There Will Be Blood könnte man genauso gut als Horrorfilm, als schwarze Komödie (Stichwort Milkshake) oder wenn man unbedingt will als Portrait eines zerrissenen Amerika rezipieren. Am besten beschreibt man wohl es als bizarres Psychogramm seiner Hauptfigur Daniel Plainview, die von Daniel Day-Lewis in einer jetzt schon legendären Performance zum Leben erweckt wird. Einen wesentlichen Anteil an der Eigenartigkeit des Films hat auch der Score von Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwoods, der leider nicht nominiert ist, weil er nicht-originales Material beinhaltet.

Zusammenfassend sei gesagt, dass There Will Be Blood einfach der radikalste und kraftvollste der nominierten Filme ist, wenn auch nicht der geschlossenste. Wenn man mich zwingen würde, einen persönlichen Favoriten zu wählen, wäre es wahrscheinlich dieser hier. Er verfügt einfach über eine in gewisser Weise unheimliche und abgründige Sogwirkung.

Donnerstag, Februar 07, 2008

Cloverfield


Auch wenn mich der künstliche erzeugte Internet-Hype um den neuen Handkamera-Monsterfilm Cloverfield doch eher genervt hat, so konnte ich doch nicht der Neugier widerstehen, das Monster zu Gesicht zu bekommen (Mist!). Ein Teil von mir hoffte auf einen pfundigen Big Budget-Auftritt von Cthulhu, dieser Teil wurde enttäuscht. Trotzdem habe ich mich gut amüsiert und fand den Film teilweise sogar recht clever und interessant.

Auch wenn man ihn mit "Blair Witch Project meets Godzilla" ziemlich gut beschreibt, ist Cloverfield schlussendlich doch ein Film, wie man ihn so noch nie gesehen hat, und deshalb hat er für mich funktioniert. Jeder Blick auf das Monster war ein spannender Moment, nicht weil man Angst um die Figuren hätte (allesamt unsympathische New Yorker-Yuppies), aber aufgrund der für das Genre ungewönlichen pseudo-dokumentarischen Inszenierung. Die Prämisse "Was wäre, wenn soetwas tatsächlich passieren würde" hat einfach etwas sehr Reizvolles. Und obendrein werden auch noch ein paar kleine Diskussions- und Interpretationsansätze gestreut. Man kann einen Monsterfilm auch weitaus weniger interessant machen. Mir zumindest hat Cloverfield zehnmal mehr Spaß gemacht als etwa Peter Jacksons sentimentaler King Kong-Schnarcher.

Dienstag, Februar 05, 2008

Phoenix Wright: Ace Attorney


Der erste Teil der japanischen Adventure-Serie (or Visual Novel as they call it) um einen jungen Anwalt war zumindest für mich ein über weite Strecken neu- und einzigartiges Spielerlebnis. Während der Ermittlungen spielt es sich wie ein gewöhnliches Adventure - interessant wird es, wenn man in den Prozessen Widersprüche in den Zeugenaussagen aufdecken und mit Beweisstücken belegen muss. Ich glaube, ich war in einem Adventure noch nie soviel gezwungen, tatsächlich aktiv logisch nachzudenken. Normalerweise ist das Rätseldesign in diesem Genre zu abgedreht, um so etwas zuzulassen, und deshalb empfinde ich soetwas immer als sehr erfrischend.

Womit ich nicht sagen will, dass Phoenix Wright nicht abgedreht wäre, Himmel nein. Wir reden hier über ein Spiel, in dem man einen Papagei ins Kreuzverhör nimmt. Das alles passiert im waschechten Anime-Style mit maßlos überzeichneten Charakteranimationen und hochdramatischer Inszenierung. Jedermanns Sache ist das natürlich nicht, genauso wie der Umstand, dass man im Laufe des Spiels etwa 80.000 Zeilen Dialogtext liest und relativ gesehen nur sehr eingeschränkte Interaktionsmöglichkeiten hat.

Soetwas kann natürlich nur dann Spaß machen, wenn Story und Charaktere was taugen. Und hier kann Phoenix Wright: Ace Attorney wirklich punkten, denn in dieser Hinsicht ist es erstklassig. Jede einzelne Figur ist liebevoll ausgearbeitet, und wie es sich für einen Krimi gehört, steckt die Handlung voller Twists und Überraschungen. Und Dramatik. Besonders der vierte Fall ist dermaßen packend erzählt und spannend inszeniert, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn ich im finalen Prozess auf das Atmen vergessen hätte.

Noch dazu ist Frust so gut wie nicht existent, das Spiel bleibt stets flüssig und erlaubt noch dazu jederzeit den Spielstand zu speichern, auch mitten in einem Dialog - vorbildlich! So muss es sein, gerade bei einem Handheldspiel. Zigtausend Milliarden von anderen DS-Spielen, ich blicke in eure Richtung!

Auf jeden Fall ist Phoenix Wright: Ace Attorney bis jetzt neben New Super Mario Bros. mein liebstes DS-Spiel, und ich freue mich schon darauf, die mir teilweise ganz schön ans Herz gewachsenen Figuren in den nächsten Episoden wiederzutreffen.