Sonntag, Februar 18, 2007

Dünyayi Kurtaran Adam - Turkish Star Wars


Ab und zu hat man einfach die Schnauze voll davon, ständig gute Filme zu sehen. Wenn ich mir so die letzten Einträge in meiner Film-Liste anschaue... Die bitteren Tränen der Petra von Kant. Großartig. Der Mann ohne Vergangenheit. Toll. The Prestige. Super. Die Sehnsucht der Veronika Voss. Sehr gut. Monty Python and the Holy Grail. ROFL. Und schließlich All Through The Night, ein spaßiges Abenteuer, in dem Humphrey Bogart als sympathischer New Yorker Kleingangster eine Nazi-Untergrund-Bande aber sowas von pwnt. Wundervoll.

Es musste also etwas getan werden. Ein richtig mieser Film musste her, Trash der untersten Schublade. Kein B-Movie, kein C-Movie, nur noch ein D- oder E-Movie konnte da helfen. Nur muss man da vorsichtig sein. Als ich damals Plan 9 From Outer Space gesehen hatte, war ich ziemlich enttäuscht. Immerhin hatte er den Ruf, der schlechteste und unfreiwillig komischste Film aller Zeiten zu sein, was er nicht ist. Okay, er ist schlecht und auch unfreiwillig komisch, aber sind wir uns doch ehrlich, man braucht nur um eine beliebige Uhrzeit RTL2 einzuschalten und man hat gute Chance, einen Film zu sehen, der Ed Woods Kultklassiker bei weitem übertrumpft. Das gleiche z.B. bei Alone In The Dark. Forget the Hype. Nicht schlechter oder komischer als Independence Day oder Con Air.

Nein, der schlechteste und unfreiwillig komischste Film, den ich kannte, blieb immer King Solomon's Mines, hierzulande besser bekannt als Quatermain - Auf der Suche nach dem Schatz der Könige, mit Richard Chamberlain und einer ziemlich jungen Sharon Stone. Ein herrlich billiger und saudämlicher Indiana Jones-Abklatsch (in dem fatalerweise sogar John "Sallah" Rhys-Davis mitspielt). Dicke Empfehlung. Oft genug um fünf Euro in Wühltruhen zu finden, und es lohnt sich.

Aber heute wurde Quatermain endlich abgelöst. Heute lernte ich eine ganz neue Dimension des schlechten Filmemachens kennen, sowie ich es bisher nicht für möglich gehalten hätte. Es gibt Dinge, von denen ich vor lauter Orson Welles und Jean-Luc Godard und Stanley Kubrick gar nichts ahnte. Heute bin ich nämlich über Dünyayi Kurtaran Adam (1982) gestolpert, und das ist jetzt kein posermäßiges Originaltitel-Hinrotzen, denn dieser Film schaffte es offiziell nie über sein Produktionsland, die Türkei, hinaus, hat demnach auch keinen deutschen oder englischen Verleihtitel. Die wörtliche Übersetztung lautet Der Mann der die Welt rettet, allerdings ist er international besser unter dem Namen Turkish Star Wars bekannt - und berüchtigt.

Turkish Star Wars? Ja, tatsächlich gibt es in der Türkei eine richtige Tradition unautorisierter, trashiger Low-Budget-Plagiate amerikanischer Erfolgsfilme, die sich auch nicht scheuen, Musik oder Sequenzen ihrer Vorbilder einfach zu "samplen". So finden wir in Dünyayi Kurtaran Adam ständig vollkommen sinnlose Zusammenschnitte von Raumschlachten aus dem ersten Star Wars-Film, die sich bis zum Erbrechen wiederholen. Der Score ist unter anderem zusammengeklaut aus Moonraker, Flash Gordon, Planet Of The Apes und vor allem Raiders Of The Lost Ark - bei wirklich jeder Gelegenheit ertönt das berühmte Indy-Thema, bis man es nicht mehr hören kann. Noch dazu sind diese Klauereien sowas von schlampig zusammengeschnitten, dass man meinen könnte, ein Blinder auf Ecstasy hätte sich mit einem elektrischen Bratenmesser auf die Bänder gestürzt.

Auf Drogen müssen auch die Drehbuchautoren gewesen sein. Die Story dreht sich um zwei Weltraumpiloten, die auf einem Wüstenplaneten abstürzen, wo sie gegen einen Zauberer kämpfen müssen, der die Erde zerstören will. Was das alles mit goldenen Gehirnen, sagenumwobenenen Kartonschwertern, wirrer Islam-Propaganda und kinderzerquetschenden Riesen-Plüschmonstern zu tun hat, muss man einfach selbst erleben, ich könnte es beim besten Willen nicht erklären. Im Grunde ist es eh nicht so wichtig, da schätzungsweise die Hälfte der neunzig Minuten Spielzeit für wilde Schlägereien draufgehen. Vorzugsweise mit hochexotischen Aliens oder besser gesagt mit Statisten in albernen Faschingskostümen. Natürlich darf auch eine Lovestory nicht fehlen, deren non-verbale Subtilität ihresgleichen sucht. Alle fünfzehn Minuten ertönt das Love Theme aus Raiders und die blonde Nebendarstellerin grinst den Hauptprotagonisten an, als würde der Regisseur mit einer Schrotflinte vor ihr stehen und sagen: "(RATZ-RATZ) Und jetzt lächle, du Schlampe!"

Meine Lieblingseinstellung ist kommt aber erst kurz vor Schluss. Der Hauptprotagonist hat den bösen Zauberer per Handkantenschlag in zwei Hälften geteilt, und die liegen jetzt am Boden, was uns mit folgendem Special Effect gezeigt wird:


Großartig, oder? Vor allem, weil uns nach einem Zwischenschnitt auf das Gesicht des siegreichen Helden auch noch die andere Hälfte gezeigt wird, die ebenfalls deutlich über die Mitte hinausgeht, so dass quasi jede Hälfte ihre eigene Nase hat...

Man könnte noch viel über diesen Film sagen, aber da es ihn gestreamt im Netz mit englischen Untertiteln gibt, sage ich nur: Ansehen! Ich verzichte vorsichtshalber auf einen direkten Link, da ich mit der rechtlichen Situation dieses Falles hoffnungslos überfordert bin, aber er ist ganz leicht zu finden. Letzten Dezember ist übrigens tatsächlich ein Sequel erschienen - leider allerdings mit höherem Budget, freiwilligem Humor und ohne Klauerei...

5 Kommentare:

hat gesagt…

Wow, bin beeindruckt. Kennst du eigentlich "Ator- Ein Mann stärker als alle Naturgewalten"?
Wir müssen einmal einen Film Abend machen. Oh ja. Wir müssen einmal einen Film Abend machen. (Cinematophiles Zitat aus Wayne's World)

hat gesagt…

so, gerade fertig geschaut. wahnsinn. einfach nur wahnsinn. meine lieblingsszenen sind die, wo über den guten islam und die untergrund-resistance gruppe geredet wird, die von jesus geführt wird, und dann selbstverständlich die unmotivierte Schlägerei in Mos Eisly. Ähh, auf der Erde. Oder in Gizeh? Und was hatten die Azteken nochmal mit den roten Fraggles zu tun?

Perry Simm hat gesagt…

Ja, die raffinierten, subtilen Bezüge auf die verschiedensten Kulturen der Menschheitsgeschichte haben mich auch fasziniert. Dadurch wird das Ganze erst richtig episch.

Von "Ator" hab ich schon gelesen, das ist ja offenbar sogar eine Trilogie. Klingt auf jedenfall höchst interessant. Habe das Genre "Barbarenfilm" wohl immer viel zu sehr vernachlässigt.

Die YouTube-Clips von "Turkish Superman" und "Turkish E.T." wirken übrigens ebenfalls sehr vielversprechend.

hat gesagt…

ja, von ator wurden anscheinend tatsächlich drei teile verbrochen... teil zwei hab ich hier auf dvd.
hat mich mal so um 2,90 angesprungen, als ich am löwen vorbeigetigert bin.
seit wann kann man eigentlich google videos nicht mehr als mp4 -ipod videos runterladen? murat und ali's abenteuer wären ja zu wertvoll...

Perry Simm hat gesagt…

Da bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als in die Türkei zu fahren, denn dort wird der Film angeblich allen Ernstes offiziell auf DVD verkauft (sogar mit Bonusmaterial). Naja, nehme mal an damit dürfte spätestens dann Schluss sein, wenn die Türkei zur EU kommt und damit das europäische Urheberrecht dort einzieht...