Donnerstag, Februar 21, 2008

Academy Awards 2008: "Best Picture" Nominees Recap


Dieses Jahr habe ich für die Oscars vorgesorgt und mir vorab einen Haufen nominierter Filme angesehen, darunter sämtliche Best Picture-Kandidaten, auf die ich im Folgenden einen kurzen Blick werfen möchte. Über andere Kategorien kann ich nicht allzuviel sagen, weil ich in so gut wie allen Fällen nicht alle Nominierten gesehen habe. Das einzige, was ich noch mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich richtig böse werde, wenn Falling Slowly aus Once nicht zum besten Song ernannt wird. Gehen wir es also an.

Atonement


Pride and Prejudice von Joe Wright war ein gelungene Literaturverfilmung, viel mehr aber auch nicht. Jetzt hat der britische Regisseur abermals einen Roman verfilmt, Keira Knightley spielt wieder eine Hauptrolle und auch sonst sieht der Film seinem Vorgänger auf den ersten Blick recht ähnlich, aber eben nur auf den allerersten Blick. Die Einsätze sind diesmal weit höher. Über die Geschichte will ich nicht viel sagen, die ist immerhin der Vorlage zuzuschreiben. Das, was Atonement zu mehr macht als einem 08/15-Hollywood-Kostümmelodram sind die interessanten filmsprachlichen Akzente des Regisseurs. Wie er bestimmte Ereignisse aus mehreren Perspektiven erzählt, wie er den Komponisten Dario Marianelli für den Score virtuos diegetische und nicht-diegetische Elemente miteinander verweben lässt, oder wie er im Zentrum des Films eine der spektakulärsten Tracking-Shot-Plansequenzen seit GoodFellas inszeniert.

Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass mir Atonement streckenweise eine Spur zu dick aufgetragen hat, zu melodramatisch und unsubtil war. Zusätzlich tue ich mir ein bisschen schwer mit der Glaubwürdigkeit des von James McAvoy und Keira Knightley dargestellten Liebespaars. Atonement ist ein sehenswerter Film, aber für den diesjährigen Oscar wird es vor allem angesichts der Konkurrenz nicht reichen. Eine Prämierung für Kostümdesign (Keira Knightleys grünes Kleid!), Art Direction und vor allem für den interessanten Score seien ihm aber gegönnt.

Juno


Mit Juno habe ich so meine Probleme. Da wäre schon einmal die Prämisse. Eine ungewollte Teenie-Schwangerschaft. Ich mag naiv oder weltfremd sein, aber ich habe noch nie verstanden, wie ungeplante Schwangerschaften heutzutage funktionieren, sofern die Betroffenen nicht extreme Pechvögel oder extreme Idioten sind. Seit ich schätzungsweise acht bin, kann ich sämtliche existierende Verhütungsmöglichkeiten alphabetisch im Schlaf aufzählen, so früh und massiv werden junge Leute heutzutage aufgeklärt. Und gerade eine Figur wie Juno, die uns als übermäßig schlaues und selbständiges Mädchen präsentiert wird, hat einfach so ungeschützten Sex? Aber wir sehen ja in Filmen auch ständig Erwachsene, die schwanger werden und davon überrascht sind. Anscheinend habe ich da irgendwas nicht mitbekommen. Vielleicht kann mich ja noch wer darüber aufklären.

Abgesehen davon ist sowieso auch der ganze Rest des Films äußerst unglaubwürdig, obwohl Drehbuchautorin Diablo Cody angeblich aus eigenen Erfahrungen schöpft. Aber sobald man sich in diese seltsame Welt eingelebt hat, kann man den Film, seine sehr guten Darsteller und sein vor charmant-witzigen Dialogen strotzendes Drehbuch eigentlich genießen. Ein bisschen störend ist nur der etwas abgeschmackte "Indie-Chic", auf dem es sich die Inszenierung gemütlich macht.

Wow, diese Rezension wurde negativer als ich dachte. Eigentlich mag ich Juno. Trotzdem - nicht mein Favorit. Den Leading Actress-Preis hätte Ellen Page allerdings durchaus verdient.

Michael Clayton


Das Regiedebüt von Drehbuchautor Tony Gilroy ist ein Anwaltsthriller in der Tradition Sidney Lumets. Ich habe mich glänzend unterhalten und den eleganten Hochglanzstil sehr genossen, auch wenn er manchmal zugegebenermaßen ein bisschen wie Autowerbung aussah. Ich mag intelligente Thriller, in denen die Schlachten nicht mit Kugeln, sondern mit Worten stattfinden. Und ich mag auch George Clooney, der hier eine gute, aber nicht unbedingt oscarwürdige Leistung bringt. Nominiert sind auch Tom Wilkinson, der hier im Grunde Howard Beale spielt, und Tilda Swinton. Am ehesten würde ich allerdings den Drehbuch-Oscar vergeben. Film und Regie? Dafür wird es wohl nicht reichen.

No Country For Old Men


So, jetzt wird es spannend, denn im Grunde steht es außer Frage, dass der Gewinner entweder dieser hier oder There Will Be Blood sein wird (allerhöchstens noch Juno, wenn die Academy beschließt, mal so richtig crazy zu sein). Und genau wie There Will Be Blood muss ich diesen Film, glaube ich, einfach noch einmal sehen, um ihn richtig beurteilen zu können. Was ich jetzt schon sagen kann, ist, dass die Coens wieder einmal extrem virtuos und vielleicht so radikal wie noch nie mit Erwartungen und Genre-Konventionen spielen, dass es eine Freude ist, und dass sie einige der brilliantesten Suspense-Sequenzen vorlegen, die ich je gesehen habe. Javier Bardem ist haushoher Favorit für den Nebenrollen-Oscar mit seiner Darstellung des Coen-Terminators Anton Chigurh, und auch sonst sieht es sehr gut aus für die Brüder. Wenn ich persönlich mich entscheiden müsste, wer den Oscar für den besten Film erhalten soll, würde mich aber ein nicht ganz eindeutiges, aber dennoch vorhandenes Bauchgefühl zum nächsten und letzten Kandidaten ziehen, zu...

There Will Be Blood


Und ich könnte nicht einmal genau sagen, warum. Denn auch diesen Film muss ich eigentlich ein zweites Mal sehen, weil er einfach meine Erwartungen gebrochen hat. Was ich mir erwartet hatte, war ein klassisches amerikanisches Aufstieg-und-Fall-Epos, und auf eine Weise habe ich das auch bekommen. Aber There Will Be Blood könnte man genauso gut als Horrorfilm, als schwarze Komödie (Stichwort Milkshake) oder wenn man unbedingt will als Portrait eines zerrissenen Amerika rezipieren. Am besten beschreibt man wohl es als bizarres Psychogramm seiner Hauptfigur Daniel Plainview, die von Daniel Day-Lewis in einer jetzt schon legendären Performance zum Leben erweckt wird. Einen wesentlichen Anteil an der Eigenartigkeit des Films hat auch der Score von Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwoods, der leider nicht nominiert ist, weil er nicht-originales Material beinhaltet.

Zusammenfassend sei gesagt, dass There Will Be Blood einfach der radikalste und kraftvollste der nominierten Filme ist, wenn auch nicht der geschlossenste. Wenn man mich zwingen würde, einen persönlichen Favoriten zu wählen, wäre es wahrscheinlich dieser hier. Er verfügt einfach über eine in gewisser Weise unheimliche und abgründige Sogwirkung.

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