Donnerstag, September 10, 2009

Requiem For A Dream (Darren Aronofsky, 2000)


Spoiler voraus.

Da wir den September 2009 schreiben und somit bald nicht nur eine Liste der Lieblingsfilme des Jahres, sondern auch des Jahrzehnts ansteht, habe ich begonnen, mir wichtige Filme der "Naughties" vorzunehmen, die ich bis jetzt versäumt hatte. Einer dieser Filme ist Darren Aronofksys Requiem For A Dream, den ich mir vorgestern also zum ersten Mal angesehen habe. Von seinen Nachwirkungen habe ich mich noch immer nicht ganz erholt.

Dass der Film mich doch derartig beeindrucken konnte, ist bemerkenswert angesichts dessen wie viel ich im Vorfeld bereits über ihn wusste. Sogar die berüchtigte Höhepunktsequenz kannte ich bereits aus einer Lehrveranstaltung (der Kontext war sowas wie: "Jep, die Schnittfrequenz in Hollywoodfilmen ist heute höher als vor sechzig Jahren."). Aber die gnadenlose Konsequenz, Radikalität und spürbare Wut und Leidenschaft des Filmemachers hat mir dann doch imponiert.

"In the end it's all nice", sagt die von Ellen Burstyn gespielte Sara Goldfarb in den ersten Minuten, bevor der Titel des Films auf sie niederrummst wie ein tonnenschweres Stahltor. Wie eine schneidge, gut geölte Maschine dreht der Film seine Figuren durch den Fleischwolf, bis jede von ihnen in ihrer persönlichen Hölle gelandet ist. Dann lässt er den Abspann laufen. Keine Erlösung. Are you not entertained?

Von manchen Seiten wurde Aronofsky für seine Inszenierung als zynischer Formalist gebrandmarkt, was in meinen Augen ein Missverständnis ist. Die Inszenierung ist eine hochgradig zynische, ja, aber erst dadurch charakterisiert sie überhaupt die Welt und Gesellschaft, die sie angreift, in all ihrer Brutalität und Falschheit. Natürlich könnte man das als simplifiziert bezeichnen - ich bezeichne es als fokussiert. Die Form ist hier Ausdruck, nicht Blendwerk.

Aber ebenso ist es zu kurz gedacht, Requiem For A Dream als neunzigminütigen "Drugs are bad"-Spot wahrzunehmen, auch wenn er als solcher sicher verdammt gut funktioniert. Im Kern geht es gar nicht um Drogen, diese sind lediglich ein Symptom. Es geht um Versprechungen des schnellen Glücks im Allgemeinen, sei es durch Drogen, durch das Fernsehen, durch Konsum, durch Diäten, durch wirtschaftliche Selbständigmachung. Es geht um eine Gesellschaft, die auf dem Versprechen basiert: "Wenn du diese eine Sache erst einmal getan hast, wird für immer alles anders", und wie auf diese nur der totalen Ausbeutung dienenden Lüge konsequent zu folgen letztendlich in eine Katastrophe führen muss.

Natürlich ist es nicht die originellste oder komplexeste Botschaft. Die verlogenen Mechanismen des "American Dream" zu kritisieren, war vermutlich schon ein ausgelutschtes Thema, als 1978 Hubert Selbys Buchvorlage zu dem Film erschienen ist. Aber wen interessiert schon, was ein Künstler zu sagen hat? Wie er es sagt, darum geht es. Und das "wie" in Aronofskys Requiem For A Dream muss man einfach erlebt haben.

Oh, und Clint Mansells Score? Hammer.